In Deutschland leben schätzungsweise 5.000 bis 10.000 Wildkatzen und ca. 6 bis 8 Mio. freilaufende Hauskatzen. Arten- und Umweltschützer erinnern aufgrund der Verwechslungsgefahr regelmäßig daran, grau-getigerte Katzenjungen nicht einfach aus dem Wald zu entnehmen. Aber kann man Wildkatze und Hauskatze wirklich gar nicht unterscheiden?
Die Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris) ist weder eine verwilderte Form noch eine Vorfahrin der Hauskatze (Felis silvestris catus). Sie ist ebenfalls eine Unterart der Art (Felis silvestris) und der Gattung echte Katzen (Felis). Die Hauskatze stammt von der nordostafrikanischen Falbkatze (Felis lybica) ab. Die Wildkatze ist hingegen schon immer in Europa heimisch. Obwohl sich die Wildkatze mit der Hauskatze kreuzen und dabei fruchtbare Nachkommen produzieren kann, unterscheidet sie sich genetisch von ihr. Die scheue Lebensweise der Wildkatze erschwert in der Praxis (genetische) Nachweise.
Präparate, Matthias Krüger, Phyletisches Museum Jena
Merkmale der Wildkatze
Der Beobachtungsort und das Verhalten lassen eine erste Vermutung zu. Denn die Wildkatze verhält sich scheu und vorsichtig. Sie lebt kryptisch und meidet somit Siedlungen und Menschen. Obwohl sich Wild- und Hauskatze auf den ersten Blick täuschend ähnlich sehen, gibt es eingie Unterscheidungsmerkmale. In Gebieten mit geringer Hybridisierung, wie z.B. Mitteldeutschland, können Experten anhand der Fellzeichnung, des Körperbaus und der Gangart eine Wildkatze also relativ sicher bestimmen. Zu diesen typischen äußerlichen Merkmalen gehören beispielsweise:
- Durchschnittlich längere Grannenhaare lassen die Wildkatze wuschliger aussehen als die Hauskatze.
- Jungtiere besitzen noch eine stärkere Fellzeichnung. Bei adulten Tieren ist diese getigerte Zeichnung eher verwaschen.
- Ein aufgehellter Bereich zwischen den Ohren lässt die Nacken- und Kopfzeichnung gut erkennen.
- dunkler Aalstrich
- heller Kehlfleck
- heller Nasenspiegel
- wuchtige Kopfform
- breite Schnauzenform
- dicker, stumpfer und langbehaarter Schwanz mit schwarzer Schwanzspitze und klar abgegrenzten Ringen
Neben dem Aussehen und der DNA-Analyse gibt es weitere Merkmale, die Experten erst bei einer genaueren Untersuchung an Totfunden feststellen. Micro-CT-Scans zeigen, dass der Schädel der Wildkatze durchschnittlich größer ist. Gemessen an der Schädellänge ist das Gehirnvolumen größer als bei der Hauskatze. Die Eckzähne geben dem Wissenschaftler Aufschluss über das Alter der gefundenen Tiere. Je mehr Zahnzement angelegt wurde, desto älter das Individuum. Vergleichbar mit Jahresringen bei Bäumen hängt auch das Wachstum des Zahnzements bei Wildkatzen mit den Jahreszeiten zusammen. Weil sich die Wildkatze noch stärker auf fleischliche Nahrung spezialisiert hat, ist ihre Darmlänge durchschnittlich kürzer als bei der Hauskatze.
In seinem YouTube-Video erklärt David Cebulla einige dieser Unterschiede nochmal anschaulich mit Beispielen aus dem Wildkatzenmonitoring:
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